Frankfurt, 26.09.2023 – Die deutsche Wirtschaft beschäftigt sich bereits intensiv mit den Einsatzmöglichkeiten und Chancen eines Digitalen Euro. Denn die Mehrheit der Unternehmen ist überzeugt, von der digitalen Währung profitieren zu können, braucht dafür aber die Unterstützung der Banken. Auch politische Gründe sprechen aus Sicht der Wirtschaft für die Einführung der Währungsinnovation: So sind 87 Prozent davon überzeugt, dass ein Digitaler Euro dazu beiträgt, europäische Werte zu sichern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Unternehmensbefragung der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Cofinpro.
„Der Digitale Euro birgt ein enormes wirtschaftliches und politisches Potenzial. Um dieses auszuschöpfen, müssen alle Akteure frühzeitig in die Planungen einbezogen werden“, sagt Eric Neumann von der Cofinpro AG. Die aktuellen Studienergebnisse belegen ein großes Interesse der Wirtschaft, auch wenn die technische Ausgestaltung der Projekte noch offen ist: „Zwei Drittel der Dienstleister, und mehr als die Hälfte der Industrieunternehmen beschäftigen sich bereits mit den Einsatzmöglichkeiten des Digitalen Euro, es werden sogar schon konkrete Anwendungsfälle definiert. Jetzt müssen Politik und Finanzwirtschaft nachziehen, um die Use Cases mit Leben zu füllen. Denn die bisher von der EZB definierten Use Cases des Digitalen Euro gehen noch nicht über die Anwendungsfälle existierender Bezahlverfahren hinaus.“
Ein zentrales Ergebnis der Studie: Mit der neuen digitalen Zentralbankwährung verbindet sich die Hoffnung, im Zahlungsverkehr eine Alternative zu den dominierenden US-amerikanischen Karten- und Zahlungsanbietern aufzubauen. „Mehr als 80 Prozent der Unternehmen halten es für wichtig, die Abhängigkeit von Zahlungsdienstleistern außerhalb der EU zu verringern. Und fast neun von zehn stimmen der Aussage zu, mit dem Digitalen Euro ein Gegengewicht zu anderen staatlichen oder privaten digitalen Währungen zu schaffen, die europäische Werte untergraben könnten. Diese Kombination aus wirtschaftlichen und politischen Erwägungen unterstreicht die Bedeutung des Projekts“, so Branchenexperte Neumann. Weltweit arbeiten einer aktuellen Umfrage der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zufolge 90 Prozent der Notenbanken an Projekten zur Einführung von digitalem Zentralbankgeld. Bis 2030 könnten so 24 staatliche Digitalwährungen existieren.
Die Anwendungsmöglichkeiten bestimmen den Erfolg
Am 18.Oktober 2023 will die EZB erste Details zur Ausgestaltung des Digitalen Euro bekannt geben, dann könnte auch eine Obergrenze für die Wallet genannt werden. Die Mehrheit der Studienteilnehmer spricht sich für einen großzügigen Rahmen aus: Bei einem maximalen Volumen von 3.000 Euro ist der Einsatz nur für 37 Prozent der Unternehmen wirklich interessant. Steigt der Betrag auf 5.000 Euro, wollen bereits zwei von drei Unternehmen Nutzungsmöglichkeiten anbieten. „Die EZB ist gut beraten, die Bedürfnisse der Unternehmen zu berücksichtigen, denn sie werden der treibende Faktor für eine breite Nutzung der digitalen Zentralbankwährung sein“, sagt der Cofinpro-Experte.
Die Einsatzmöglichkeiten des Digitalen Euro werden wesentlich durch seine technischen Eigenschaften bestimmt. Diesbezüglich äußern die Studienteilnehmer zahlreiche Erwartungen: 88 Prozent wünschen sich die Möglichkeit von Echtzeitzahlungen und 82 Prozent den Umtausch in andere digitale Währungen oder Buchgeld. Letztlich versprechen sich die Unternehmen betriebswirtschaftliche Effekte und Kundennutzen. Dabei fällt auf: Je konkreter die möglichen Anwendungsfälle sind, desto stärker werden die Vorteile erkannt. Cofinpro-Experte Eric Neumann: „Die Finanzindustrie sollte sich daher bereits jetzt mit den Unternehmen zusammensetzen, um Anwendungsmöglichkeiten und neue Geschäftsmodelle zu erarbeiten – auch um gegebenenfalls noch Einfluss auf die Planungen der EZB nehmen zu können.“
Banken müssen kritische Masse erreichen
Mit dem neuen Bezahlverfahren haben die Banken nach Ansicht von Robert Wagner das Potenzial, wesentliche Marktanteile im Zahlungsverkehr zurückzuerobern. Dafür müssten jedoch genügend Banken den ersten Schritt wagen und RTP zur Verfügung stellen: "Mit einfachen Lösungen, die als Bezahloption eingebunden sind, können die Institute Unternehmen und Kunden an RTP heranführen. Im zweiten Schritt kann eine Plattform mit Zusatzservices rund um RTP folgen." Denn als Transaktions-Vermittler mit Expertise im Kreditgeschäft könnten die Banken in den RTP-Prozess auch individuelle Zahlungsalternativen wie BNPL (Buy now, pay later) oder Rahmenkredite integrieren.